„Lasst das ständige Beobachten und Bewerten sein“
Beim zweiten Abend der Kernener Vortragsreihe rund um Kinder und was ihnen in ihrer Entwicklung hilft, plädierte Deutschlands „Erziehungspapst“ und „beliebtester Berater“ Dr. Jan-Uwe Rogge für mehr Gelassenheit und Humor im Familienalltag. 420 erwartungsvolle Augenpaare auf sich gerichtet, gab er von Beginn an die Richtung vor, als er in gedehntem, norddeutschen Tonfall sagte. „Sie sehen alle so fertig aus – so ernst, so kaputt! - Also, bei Ihnen wollte ich nicht Kind sein!“ Kaum dass er mit seinem fast schon kabarettistischen Vortrag begann, wurde in den Reihen gegluckst, gekichert und gelacht, und zwar durchgehende anderthalb Stunden lang. Auch Bürgermeister Stefan Altenberger saß im Saal und lud Rogge prompt für die nächste Vortragsreihe ein – dann zum Thema Jugendliche in der Pubertät.
Was Kinder und Jugendliche heute brauchen, brachte Rogge mit den vier Wünschen auf den Punkt, die Heranwachsende an die Eltern haben: „Nehmt uns so an, wie wir sind! Vergleicht uns nicht immer! Lasst uns Zeit für unsere Entwicklung! Beobachtet und bewertet uns nicht immer!“ Witzig beschrieb er Alltagssituation, die Eltern bestens vertraut sind: Cafébesuche, die aus dem Ruder laufen, Spielplatznachmittage mit „bissigen Freundinnen und bachblütenberuhigten oder anderweitig homöopathisch bekifften Kindern“. Das peinliche Gefühl, das einen beschleicht, wenn das Trotzkind sich schreiend vor die Supermarktḱasse schmeißt („sagen Sie den anderen Wartenden ruhig: Ja, das ist meins, aber ich kenne es auch anders!“). Erzogen sich Kinder früher gegenseitig in der „Kinderrepublik“ Gebüsch, funktioniere das heute nicht mehr. „Die Büsche gibt‘s noch, aber hinter jedem sitzt eine Mutter.“ Engagierten Powereltern empfiehlt er, zu akzeptieren, dass ihre „Schnecke“ einfach ein langsameres Tempo anschlägt. Und Eltern sollten nicht immer so perfekt sein. Ein bisschen Spaß oder gemeinsames Lachen mache das Leben und die Erziehung einfacher. „Kinder sind ein Geschenk“, betonte er am Ende ernsthaft: „Sie erleben mit ihm große Gefühle, das sollten Sie schätzen!“
Am Donnerstag, 7. März, folgt der dritte und letzte Vortrag der Reihe. Prof. Dr. Renate Zimmer spricht dann um 20 Uhr im Bürgerhaus über „Toben macht Schlau!? - Zur Bedeutung von Körper- und Bewegungserfahrungen für die kindliche Entwicklung“. Der Eintritt kostet 5 Euro.