In seiner Sitzung am Donnerstag, 15. Dezember 2022 hat der Kernener Gemeinderat unter anderem Beschlüsse zum kommunalen Wohnbau, zur neuen Vereinsförderung und zur Anhebung der Realsteuerhebesätze gefasst. Nachfolgend der Überblick über alle Tagesordnungspunkte und Beschlüsse.
Die Gemeinde Kernen hat sich dazu entschieden, im Rahmen des Zukunftsquartiers Hangweide ein Baufeld im eigenen Eigentum zu behalten und 35-45 Wohnungen zu errichten. Bei einer Enthaltung aus der UFW-Fraktion gab der Gemeinderat diesem Projekt nun grünes Licht durch die Vergabe der Planungsvorbereitungen, der Ausschreibung und der rechtlichen Begleitung.
Nach aktuellem Stand rechnet die Gemeinde mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 15 Millionen. Euro, die jedoch abhängig von der Baupreisentwicklung sein werden. Die Gemeinde möchte für den Bau einen Generalübernehmer beauftragen, der moderne und qualitativ hochwertige Modulbauten errichten soll. Das Baufeld im nordöstlichen Teil des Hangweide-Areals bietet den Vorteil, dass es autark von der übrigen Entwicklung vorab direkt von der Kreisstraße her erschlossen werden kann. Die modulare Bauweise gewährt eine schnellere Fertigung und eine hohe Planungssicherheit bei den Kosten.
Das im Jahr 2018 verabschiedete kommunale Wohnraumkonzept der Gemeinde sieht einen eigenen Wohnungsbestand von 400 Wohnungen bis 2030 vor. Mitte 2023 rechnet die Verwaltung mit 182 gemeindeeigenen Wohnungen. Einschließlich der geplanten Wohneinheiten auf der Hangweide (Realisierung voraussichtlich im Jahr 2025) erhöht sich der kommunale Wohnungsbestand auf etwa 220 Wohneinheiten. Damit wären 55 Prozent der Zielmarke bis 2030 erreicht. Ohne
den Bau von Wohnungen ist das Gemeindeziel nicht zu erreichen; der Aufkauf von Wohnraum wäre noch teurer, der Mietwohnungsmarkt ist leergefegt.
Am Weihergraben oder in der Beinsteiner Straße wurden von der Kreisbaugruppe Waiblingen vergleichbare Modulbauprojekte realisiert. Diese Bauten gewährleisten in Kombination mit der Vergabe an einen Generalübernehmer ein hohes Maß an Planungs- und Kostensicherheit und wird den Kernener Nachhaltigkeitszielen gerecht.
Die Gemeinde wird für das Projekt das Landesförderprogramm für geförderten Wohnraum anzapfen und verspricht sich Fördermittel in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro. Die Wohnungen stehen nur Menschen mit einem sogenannten Wohnberechtigungsschein zur Verfügung.
Das Gremium folgte der Argumentation der Verwaltung und gab der Durchführung eines EU-weiten Vergabeverfahrens für Planungs- und Bauleistungen grünes Licht. Die Durchführung des Vergabeverfahrens überminnt das Ingenieurbüro CPM GmbH aus Sindelfingen, die juristische Begleitung leistet die Stuttgarter Kanzlei Menold Betzler Rechtsanwälte Partnerschaft mbH.
Bei einer Enthaltung aus den Reihen der OGL-Fraktion stimmte das Gremium dem Ergebnis einer ersten Beurteilung möglicher Freiflächen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen (FFPV) und Windkraftanlagen zu. Die Flächeneignung ist weiter zu untersuchen und konkretisieren. Das Rathaus wird im Rahmen der frühzeitigen Unterrichtung des Raumordnungsgesetzes (ROG) eine entsprechende Stellungnahme an den Verband Region Stuttgart (VRS) abgeben.
Hintergrund: Das Land Baden-Württemberg strebt an, zwei Prozent seiner Landesfläche für das Erzeugen von erneuerbarer Energie zu nutzen. Um diese Regelung umzusetzen, will der VRS den Regionalplan fortschreiben und entsprechende Gebiete ausweisen. Diese Fortschreibung findet in enger Abstimmung mit den Kommunen statt, daher hat der VRS nun die Gemeinde Kernen gebeten um Äußerung zu den Planungen gebeten.
Anhand diverser Auswahlkriterien wurden vonseiten des VRS potenziell geeignete Flächen für FFPV und Windkraftanlagen definiert. In Kernen sind zwölf Flächen im direkt angrenzenden Siedlungsbereich in Rommelshausen und Stetten für eine mögliche FFPV-Nutzung deklariert. Einzelne Gebiete fallen aufgrund der Topgrafie (Nordhang-Steillage) oder aus Gründen das Natur- und Umweltschutzes (Ersatzhabitat Steinkauz, Jagdgebiet) aus der Liste heraus. Acht Potenzialflächen bleiben übrig.
Das Vorranggebiet, das für eine Windkraftanlage geeignet wäre, befindet sich im südwestlichen Teil der Markung an der Gemeindegrenze zu Fellbach.
In der Stellungnahme an den VRS geht es zum jetzigen Zeitpunkt allein um topographische Analyse von Gemeindeseite, ob die Anlagen auf den erfassten Flächen in sinnvollem Maße Energie erzeugen würden.
Bei einer Nein-Stimme und einer Enthaltung - jeweils aus der PFB-Fraktion - stimmte das Gremium dem Verwaltungsvorschlag für eine neue Vereinsförderrichtlinie zu. Hintergrund der Reformierung war die Tatsache, dass die bisherige Förderrichtlinie intransparent war und in der Praxis oftmals nicht mehr korrekt angewendet worden ist. Die neue soll darüber hinaus Anreize setzen, das Vereinsleben in Kernen bewusst zu stärken.
Einstimmig hat das Gremium beschlossen, die Hebesätze von Gewerbe- und Grundsteuer um jeweils 60 Punkte anzuheben. Die letzte Erhöhung reicht ins Jahr 2014 zurück.
Wie sich bereits im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanes 2022 abzeichnete, kann der Haushaltsplan 2023 im Ergebnis nicht ausgeglichen werden. Die Verwaltung rechnet derzeit mit hohen krisenbedingten Ausgaben. Dazu gehören unter anderem die Maßnahmen zur Unterbringung Geflüchteter. Ebenso steigen die Energieausgaben trotz der gesetzlichen Bremsen um 680.000 Euro und die Kreisumlage um weitere 700.000 Euro. Auch rechnet das Rathaus wegen der Inflation mit einer Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst von acht Prozent, was mehr als 800.000 Euro an Mehrausgaben nach sich ziehen würde. Zudem greift seit 2019 in Kernen die Doppik als neue Haushaltsführung. Seitdem müssen die Abschreibungen von Investitionen jährliche erwirtschaftet oder eingespart werden. Ohne Berücksichtigung der Abschreibungen in Höhe von mehr als drei Millionen Euro würde Kernen auch 2023 der Haushaltsausgleich bei den laufenden Ein- und Ausgaben gelingen.
In einem ersten Schritt haben Verwaltung und Gemeinderat im Rahmen der Haushaltsstrukturkommission etwa 400.000 Euro an Einsparungen in verschiedensten Bereichen vereinbart. Dennoch ist es unumgänglich die kommunalen Einnahmen durch das Anheben der Steuerhebesätze zu erhöhen. Die letztmalige Erhöhung reicht ins Jahr 2014 zurück. In den vergangenen Monaten und Jahren waren bereits zahlreiche Kommunen zu einer Erhöhung gezwungen. Kernen gehört mit seinen Hebesätzen zu den Schlusslichtern im Kreis.
Aufgrund der Unsicherheiten durch die Corona-Pandemie hat die Gemeinde in den vergangenen drei Jahren von einer Anhebung abgesehen. Zu berücksichtigen ist ebenso, dass die Gemeinde bei Pflichtaufgaben wie der Kinderbetreuung, der Sanierung von Schulen aber auch dem Ausbau des Wohnungsbestands und dem Erhalt der Infrastruktur weiter investieren können muss, um die wichtigen Aufgaben heute und morgen bewältigen zu können und Lebensqualität zu erhalten.
Die Zusatzeinnahmen durch die Anpassungen bei den Hebesätzen beziffern sich laut Kämmerei auf rund 1,53 Millionen Euro. Die Belastungen von Grundstückseigentümern (Grundsteuer B) steigen im Durchschnitt um 50,88 Euro pro Jahr. Bei den Landwirtschaftsflächen (Grundsteuer A) um 12,48 Euro pro Jahr. Der Hebesatz der Grundsteuern liegt ab 1. Januar 2023 bei 385 (bisher bei 325)
Bei der Gewerbesteuer, deren Hebesatz von 340 auf 400 Punkte angehoben wird, sind rund 30 Prozent der Kernener Betriebe nicht von der Erhöhung betroffen. Bei weiteren 30 Prozent bewegen sich die Belastungen im Durchschnitt bei 300 Euro im Jahr. Weitere 30 Prozent der Betriebe müssen etwa 1.500 Euro mehr bezahlen. Bei den größten 10 Prozent der Unternehmen beginnen die Mehrbelastungen bei etwa 4.500 Euro im Jahr. Die Gewerbesteuerzahlungen dürfen bei der Einkommenssteuererklärung geltend gemacht werden.
Trotz der Einsparungen und der Erhöhung der Hebesätze um 60 Prozentpunkte bleibt nach aktuellem Stand ein Haushaltsdefizit. Hier gilt es jedoch zunächst die endgültige Planaufstellung des Haushalts 2023 und den Jahresverlauf 2023 abzuwarten.
Einstimmig votierte das Gremium für die Satzung zur Anpassung der örtlichen Satzungen und Benutzungsordnungen an § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG).
Zum 1. Januar 2023 müssen auch Kommunen das neue Umsatzsteuerrecht einschließlich § 2b UStG anwenden. In diesem Zusammenhang werden Leistungen, die zwar von öffentlicher Seite erbracht werden, aber auch von Unternehmen am freien Markt angeboten werden könnten, umsatzsteuerpflichtig, wenn sie im Jahr die Summe von 17.500 Euro überschreiten. Satzungs-Änderungen ergeben sich für die Feuerwehr-Kostenersatz-Satzung, für die Benutzungsordnung der Sportanlagen an der Kelterstraße sowie für die Verwaltungsgebührensatzung.
Mit knapper Mehrheit, bei Gegenstimmen aus der CDU- und UFW-Fraktion, beauftragte das Gremium die Verwaltung, auf dem Marktplatz vor dem Bürgerhaus Kernen vier bis fünf Fahrradanlehnbügel zu installieren. Die Gegenstimmen resultierten aus der Standortwahl, die den Wegfall eines Pkw-Stellplatzes bedeutet.
Die OGL-Fraktion hatte durch ein Schreiben vom 9. November 2022 und einem beigefügten Luftbild beantragt, diese Angelegenheit auf die Tagesordnung des Gemeinderates zu nehmen. Um die Mobilitätswende voranzutreiben, werde nicht nur ein gutes und sicheres Fahrradwegenetz benötigt, auch komfortable und sichere Abstellmöglichkeiten fördern das Fahrradfahren und erhöhen dessen Attraktivität, insbesondere innerorts. Deshalb sollten bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes die Belange der Fahrradfahrenden ebenso beachtet werden wie die des Kfz-Verkehrs“, argumentiert die OGL-Fraktion. Gegen die Installation von Fahrradbügel gab es vonseiten der Gemeinderätinnen und -räte keinerlei Einwände, jedoch gegen den geplanten Standort. Laut Gemeinderatsbeschluss sollen auf dem Marktplatz nahe des Café Merlin vier bis fünf Fahrradanlehnbügel installiert werden.