Mit gemeinsamer Stimme für mehr Ruhe: 81 Kommunen und Landkreise fordern weniger Lärm.
Gemeinsam aktiv werden gegen Motorradlärm: 74 Kommunen und sieben Landkreise in Baden-Württemberg fordern gemeinsam mit dem Verkehrsministerium wirksame Maßnahmen gegen Motorradlärm - auch die Gemeinde Kernen ist dabei. Die Initiative verlangt, dass Bund und EU aktiv werden. Als Direktmaßnahme vor Ort installierte Kernen zudem eine Motorradlärm-Displayanlage an der L 1199.
Genervte Anwohner beschweren sich regelmäßig über den dröhnenden Lärm schwerer Motorräder. In Kernen betroffen ist die L 1199 zwischen dem Ortsteil Stetten und Esslingen. Viele Motorräder sind nicht lauter als 78 Dezibel, was dem EU-Grenzwert entspricht. Die Maschinen, gegen die sich die "Initiative Motorradlärm" in Baden-Württemberg richtet, erreichen dagegen nicht selten mehr als 100 Dezibel.
Die Kommunen wollen gemeinsam die Politik dazu bewegen, aktiv zu werden. Am 13. Februar präsentierten sie sich zusammen mit Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Stuttgart. Der Verkehrsminister sprach von „einem deutlichen Weckruf“. Bund und EU sollten jetzt geeignete Maßnahmen für weniger Motorradlärm ergreifen. In kürze wird ein entsprechender Antrag im Bundesrat folgen. Ansatzpunkte der Initiative sind unter anderem überarbeitete Zulassungsregelungen, drastischere Strafen für Manipulationen sowie die allgemeine Halter-Haftung bei Verstößen.
Die Gemeinde Kernen, bei der Pressekonferenz in Stuttgart vertreten durch den Beigeordneten Peter Mauch, hofft zudem auf positive Effekte durch das neue Lärmdisplay, das vergangene Woche am Ortsausgang Stetten in Richtung Esslingen installiert wurde. Es soll zu rücksichtsvollem Fahren motivieren. Seit Jahren leiden hier die Anwohner vor allem im Sommerhalbjahr unter dem lauten Auspuffdröhnen jener Biker und Autofahrer, die sich hier auf der kurvigen Strecke so richtig austoben wollen.
Zehn-Punkte-Katalog der Initiative
In einem
zehn Punkte umfassenden Katalog fordern die Kommunen unter anderem neue Genehmigungs- und Zulassungsregeln, damit Motorräder leiser werden. Außerdem verlangen sie höhere Bußgelder für rücksichtslose Fahrweise oder bewusste Manipulationen an den Maschinen.
Aktuell wird bei erhöhtem Lärm durch Verschleiß am Motorrad ein Bußgeld von 20 Euro erhoben. Ist ein Fahrer mit einem manipulierten Motorrad unterwegs, kostet das den Fahrer 90 und den Halter 135 Euro. Bei Vorsatz verdoppeln sich diese Strafen. Verkehrsminister Hermann findet, dass die Strafen für manipulierte Maschinen deutlich höhere ausfallen sollten. Der Lärmschutzbeauftragte Thomas Marwein (Grüne) kann sich sogar eine Verzehnfachung der derzeitigen Summe vorstellen: "Das schreckt sonst niemanden ab."
Mit Blick auf die Mitgliederzahl sagte Hermann: „Mehr als 80 Kommunen und Landkreise sind der Initiative bereits beigetreten, um die Forderungen zur Reduzierung von Motorradlärm mit breiter Stimme zu unterstützen. Das ist ein deutlicher Weckruf für die politischen Entscheidungsträger.“ Hermann ist sicher, dass weitere Kommunen und Landkreise folgen werden.
Die Sprecherin der Initiative, Bürgermeisterin Sonja Schuchter aus Sasbachwalden (Ortenaukreis), betonte: „Uns eint ein gemeinsames Problem, das nicht ohne Hilfe von EU, Bund, Herstellern und Motorradfahrern gelöst werden kann. Während sich die Genussbiker an unserer Landschaft erfreuen, toben sich einzelne Motorradfahrer auf Kosten unserer Bürger und Gäste aus. Dem müssen wir mit allen Möglichkeiten entgegenwirken.“
Ansatzpunkte aus Sicht der Kommunen sind unter anderem:
- Leisere Motorräder durch Hersteller
- Erwirkung einer ambitionierten Novellierung der Genehmigungs- und Zulassungsregelungen
- Drastischere Strafen für Manipulationen
- Geräuschmessungen zur Unterstützung der polizeilichen Kontrolle
- Definition von Geräuschgrenzwerten
- Allgemeine Halterhaftung
Hintergrundinformationen
Motorräder haben bedingt durch ihre Bauart ein erhebliches Lärm- und Geräuschentwicklungspotential. Hinzu kommen legale Umbauten und illegale Manipulationen, die den „Sound“ deutlich ansteigen lassen und dazu beitragen, dass dieser häufig als „aggressiv“ empfunden wird. Auch die Fahrweise, wie ständiges und starkes Beschleunigen und hochtouriges Fahren lassen den Lärmpegel zusätzlich ansteigen.