26.03.2020
Bürgermeister Paulowitsch richtet sich in einem offenen Brief an die Kernener Bürgerschaft.
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
Kernen, die Bundesrepublik Deutschland, Europa und die gesamte Welt stehen vor einer Herausforderung wie sie unsere moderne Zeit niemals zuvor erlebt hat. Noch vor wenigen Wochen habe auch ich mit Verwunderung auf die Maßnahmen in anderen Teilen der Welt geblickt und die daraus wirtschaftlichen Schäden kritisiert. Die meisten von uns und ich selbst wurden eines Besseren belehrt. Das Corona-Virus fordert nun uns alle.
Seit etwa zwei Wochen tagt fortlaufend ein Sonderstab im Rathaus. Mit viel Kraft und Leidenschaft, vor allem aber besonnen und professionell haben wir zahlreiche Maßnahmen beschlossen und umgesetzt. Hierbei war uns konsequentes Handeln wichtig. Wir haben noch bevor die Landesregierung ihre Verordnungen herausgegeben hat, Hallenbad, Sport- und Veranstaltungsstätten sowie Spielplätze oder auch die geliebte Kugelbahn geschlossen. Wir haben die Arbeitsfähigkeit von Sozialstation, von Rathaus, Bauhof und technischen Bereichen wie der Kläranlagen nachhaltig sichergestellt. Durch kurzfristige Organisationsänderungen und der zügigen Einführung neuer Technologien waren wir hier schnell erfolgreich.
Wir haben fortlaufend die Öffentlichkeit, aber auch und vor allem den Gemeinderat über die aktuellen Maßnahmen und Einschätzungen informiert. Gerade dem Gemeinderat bin ich für die Rückendeckung dankbar – wir brauchen diese dringender als je zuvor.
Zudem haben wir bereits früh Kirchen- und Glaubensgemeinschaften sowie zahlreiche Vereine und Institutionen am Ort für die besondere Lage sensibilisiert. Ihnen allen danke ich für die Kooperation und Mitarbeit. Ebenso der Diakonie, mit der wir uns eng abstimmen.
Nicht nur unser Gemeindevollzugsdienst, sondern auch unsere Feuerwehr ist auf meine Anordnung hin mit an Bord, um die Durchsetzung der Maßnahmen zu kontrollieren. Mit der Landespolizei stehen wir im Austausch, die uns ebenfalls nach besten Kräften unterstützt.
Warum tun wir all dies? Es gibt dafür nur einen Grund: Wir wollen das Leben von Menschen retten. Auch wenn wir bislang nur wenige Infektionsfälle haben. Sollten wir jetzt nicht konsequent die Maßnahmen befolgen, wird in kurzer Zeit eine Überlastung unserer Krankenhäuser die Folge sein. Die Folge wäre hier der Tod von vielen Menschen, die unter normalen Umständen überleben würden. Auch Personen, die nicht an Corona erkrankt sind, sondern anderweitig medizinische Hilfe brauchen, werden darunter leiden.
Ihre Bürgerpflicht
Die meisten Menschen in Kernen haben den Ernst der Lage erkannt und verhalten sich vorbildlich. Darauf bin ich als Bürgermeister stolz. Jeder, der sich nun korrekt verhält, kann auf sich stolz sein. Sie retten mit der Einschränkung ihres Alltags Leben.
Am Sonntag, 22. März, hat die Bundesregierung in Abstimmung mit den Bundesländern neue Kontaktbeschränkungen getroffen. Ansammlungen von mehr als zwei Personen sind in der Öffentlichkeit verboten (ausgenommen sind Familien, sofern sie im selben Haushalt leben). Gleichzeitig ist in der Öffentlichkeit ein Mindestabstand von 1,50 Metern, besser noch von zwei Metern, empfohlen. Jede und Jeder einzelne – egal ob jung oder alt – ist jetzt dazu aufgerufen, seinen Beitrag zu leisten und Verantwortung zu zeigen. Es gilt, soziale Kontakte auf das erlaubte Minimum zu reduzieren, um die Verbreitung des Virus einzudämmen - auch wenn es persönlich schwerfällt und auch weh tut. Halten Sie sich bitte daran.
Zugleich meine Nachricht an jene, die einen Corona-Test gemacht haben: Sie müssen zwingend bis zum Testergebnis zu Hause bleiben. Sie stecken ansonsten zahlreiche weitere Menschen an und riskieren dadurch Leid und Tod von Menschen.
An alle die unter formaler Quarantäne stehen: Die Quarantäne ist keine Empfehlung oder Bitte, sondern eine verbindliche Anordnung. Wenn Sie dieser nicht Folge leisten, machen Sie sich strafbar. Wir haben daher Vollzugsdienst und Polizei gebeten, die Einhaltung zu kontrollieren. Wer sich weigert, dem drohen Strafen und eine isolierte Unterbringung.
Ich habe mich ebenfalls nach der Versorgungslage erkundigt. Diese ist nach wie vor sehr gut! Die Produktion funktioniert, die Regale der Läden werden fortlaufend aufgefüllt – lediglich kurzfristig kann es bei einzelnen Artikeln zu Engpässen kommen, da einige Menschen hier zu große Mengen einkaufen. Es gibt grundsätzlich keinerlei Anlass, Nahrungsmittel oder Toilettenpapier für mehrere Jahre zu horten! Hamstern ist unsolidarisch und schadet unserem Zusammenhalt.
Sorge um unsere Betriebe
An unsere Kleinunternehmer richte ich mich ebenfalls. Sie haben Kernen über viele Jahre stark gemacht. Sie gehören zu uns. Alle von Ihnen machen nun eine schwere Zeit durch und fürchten um Ihre Existenz. Ich bitte daher alle Bürgerinnen und Bürger, dass Sie unseren Kleinbetrieben die Treue schwören. Mit kleinen Ideen wie Lieferdiensten oder neuen Dienstleistungen lassen sich die kommenden Wochen und Monate für manch einen hoffentlich überbrücken. In dieser Ausgabe des Mitteilungsblatts finden Sie zudem einen von uns erstellten Wegweiser zu staatlichen Hilfsmaßnahmen von Bund und Land.
Wo informiere ich mich?
Der Begriff „Fake News“ hat die vergangenen Jahre geprägt. In dieser Krise ist nun spürbar, wie gefährlich Verschwörungstheorien und Falschmeldungen sind. Sie schüren Panik und verschärfen die bestehenden Risiken. Wir alle sollten nun begreifen, wie wichtig staatliche Institutionen und Einrichtungen sowie der öffentliche Rundfunk sind. Informieren Sie sich bitte ausschließlich über Internetseiten von Gemeinde, Landkreis, Gesundheitsamt, Landes- und Bundesregierung, Robert-Koch-Institut oder den Industrie- und Handelskammern. Videos und Nachrichten von angeblichen Experten, die es nur auf Youtube oder WhatsApp oder ähnlichen Kanälen gibt, ist nicht zu trauen.
Dank und Zusammenhalt
Besonders bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei allen, die unermüdlich und mit vollem Einsatz alles dafür tun, damit wir diese schwierige Situation bestmöglich meistern. Allen voran unseren Ärzt/innen, Pfleger/Innen, Arztherlfer/Innen, den Belegschaften unserer Apotheken, Sanitäter/Innen, Polizist/Innen, den Angehörigen der Feuerwehr, der gesamten Gemeindeverwaltung mit Rathaus, Bauhof, Sozialstation und unseren Erzieherinnen sowie die Menschen, die unsere Infrastruktur am Laufen halten. Besonders denke ich an Menschen, die im normalen Alltag wenig Beachtung finden und die nun zeigen, wie wertvoll sie für uns sind: LKW-Fahrer, Verkäufer/Innen und Lagerist/Innen in der Lebensbranche und an viele viele mehr. All diese Menschen geben für Sie alles. Bitte sagen Sie diesen Menschen „Danke“, indem Sie zu Hause bleiben.
Es ist toll, dass sich so viele Menschen in Kernen nun einbringen möchten und ihre Nachbarn versorgen. Wir werden in den kommenden Wochen auch Menschen brauchen, die unseren Landwirten bei der Ernte helfen, da viele Erntehelfer nicht mehr bei uns sind.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, wir meistern gemeinsam diese Zeit. Wir werden am Ende dieser Krise aufstehen und gemeinsam weitermachen und für uns und unsere Kinder eine gute Zukunft schaffen. Das können wir, das werden wir! #KernenHältZusammen
Ihr Benedikt Paulowitsch
Bürgermeister